Orale Chemotherapie

Die Therapie für zu Hause

Die Orale Chemotherapie stärkt die Unabhängigkeit der Patienten und senkt das Infektionsrisiko. Sie kann eine sinnvolle Alternative für ambulante Tumorbehandlungen zu Hause sein. Dazu ist es notwendig, den Therapieplan sehr genau und selbstverantwortlich durchzuführen.

Wann wird eine orale Chemotherapie angewendet?

Sie wird unter anderem dann verschrieben, wenn man den Tumor nicht restlos mit einer Operation entfernen kann. Manchmal kann sie eine Operation helfen vorzubereiten. Manchmal wird sie mit anderen Therapien kombiniert. Die Anwendungen der Chemotherapie sind vielfältig wie ihre Wirkstoffe.

Man spricht beispielsweise von einer neoadjuvanten Therapie, wenn die Chemotherapie die Aufgabe hat, den Tumor erst einmal überhaupt operabel zu machen, also vor der OP, und von einer adjuvanten Chemo, wenn sie begleitend, beispielsweise zu einer Strahlentherapie, eingesetzt wird.

Auch gibt es Medikationsformen, die nur regional an den bestimmten Tumorherden wirken, oder aber systemische Medikamente (meisten gehören die oralen Chemotherapeutika dazu), die im ganzen Körper aufgenommen werden und den Teilungsprozess von Zellen stören.

Von der Wirkweise unterscheiden sich orale Zytostatika von intravenösen Medikamenten. Es gibt Medikamente, welche die Magen-Darm-Passage überhaupt nicht überstehen und aus diesem Grund nicht oral verabreicht werden können. Das betrifft beispielsweise Antikörper. Das sind Eiweißmoleküle, die im Magen und Darm in genauso kleine Peptide oder Aminosäuren abgebaut werden wie Eiweiße aus der Nahrung.

Es gibt zwei unterschiedliche Wirkweisen von oralen Zytostatika:

  1. Zum einen gibt es die Medikamente, die die Magen-Darm-Passage überstehen und im Darm letztendlich so, wie sie eingenommen wurden, über die Darmschleimhaut resorbiert werden und ins Blut gelangen. z.B. Imatinib und Sorafenib.
  2. Zum anderen gibt es sogenannte Prodrugs, welche entweder im Verdauungstrakt von einer inaktiven Form in ein aktives Medikament umgewandelt werden und dann resorbiert werden oder im Blut oder der Leber vom inaktiven zum aktiven Medikament umgewandelt werden (z. B. Capecitabin in der Leber oder Temozolomid im Blut).

Wie funktioniert orale Chemotherapie?

Für die orale Chemotherapie werden Tabletten oder Kapseln verwendet, die regelmäßig und häufig auch in gewissen Zyklen eingenommen werden müssen. Diese schlucken Sie mit viel Flüssigkeit (wie andere Medikamente auch). Der Vorteil liegt auf der Hand. Sie sind bei der Einnahme örtlich flexibel und müssen nicht in die Praxis kommen. Natürlich liegt die Verantwortung über die Einnahme ganz bei Ihnen.

Vorteile oraler Chemotherapie

Kein intravenöser Zugang

Dadurch kommt es zu keinen Venenreizungen oder Infektionen der Einstichstellen. Weiterhin müssen auch keine besonderen Hygienevorschriften beachtet werden.

Örtliche Flexibilität

Durch die örtliche Flexibilität der Tabletteneinnahme kann man zu Hause bleiben oder während der Therapie sogar in den Urlaub fahren. Das verringert die Häufigkeit der Arzt- bzw. Klinikbesuche, was nicht nur körperlich wesentlich entspannter, sondern auch psychisch weniger belastend ist. 

Selbstverantwortliche Entscheidungsfreiheit

Ihre Selbstverantwortlichkeit über die Therapie und die tägliche Einnahme stützt den Selbstwert und wirkt sich positiv auch auf den weiteren Krankheitsverlauf aus. “Sie haben Ihre Therapie im Griff.” Sie umschließt die Organisation der Tabletten, selbstgesetzte Einnahmeerinnerungen (auditiv und visuell) sowie die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld.

Nachteile oraler Chemotherapie

Nachteile der oralen Chemotherapie sind in erster Linie die geringe Kontrollmöglichkeit für den Arzt. Die Gefahr von Einnahmefehlern ist höher. Auch kommt es zu weniger Arztbesuchen, was aber jederzeit individuell geändert werden kann.

Weiterhin können im Gegensatz zur Infusion manche Tabletten nicht so genau dosiert werden. Die Dosierung ist zwar für viele orale Therapeutika nicht abhängig von der Körperoberfläche. Dennoch gibt es genaue Dosierungsempfehlungen. In jeder Tablette ist immer genau gleich viel Wirkstoff drin. Der individuelle Stoffwechsel ist verschieden, also auch, wie schnell die Substanz vom Magen aufgenommen wird. Neben der Geschwindigkeit spielen auch die Funktion der Leber und der Niere eine wichtige Rolle. Intravenöse Medikationen sind individueller zu steuern.

Aber auch die vom Arzt verordneten oralen Zytostatika wurden genau für diesen Zweck getestet und in Deutschland zugelassen.

Die orale Chemotherapie in der Zukunft

Die orale Chemotherapie ist eine sehr gute Alternative für selbstbestimmte Behandlungen zu Hause. Neben den Vorteilen von weniger und schwächeren Nebenwirkungen besteht aber auch eine größere Sorgfaltspflicht beim Patienten, keine Einnahmen zu vergessen. In Zukunft wird es immer mehr orale chemotherapeutische Behandlungen geben.

Aktuell sind in Deutschland über 70 orale Zytostatika zugelassen.

Fragen Sie Ihren Behandler, ob für Ihre Erkrankung orale Chemotherapeutika existieren, oder ob es Studienmedikationen gibt, an denen Sie teilnehmen können.

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Orale Chemotherapeutika können bei Bedarf als Schlauchblister geliefert werden und helfen durch die dokumentierten Einnahmehinweise bei der Erhaltung der Therapietreue. Damit vermindern verblisterte Medikamente das Risiko von Falscheinnahmen und kompensieren damit einen der größten Nachteile der oralen Chemotherapie.

Fazit

Immer mehr Krebserkrankungen können auch mit einer oralen Chemotherapie behandelt werden. Der Hauptvorteil neben geringeren Nebenwirkungen ist die ambulante Medikamentierung. Man bleibt unabhängig und selbstbestimmt. 

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