Krankenkasse und Zuzahlung: Was bedeutet der Eigenanteil für Patient:innen?

In Deutschland übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) den Großteil der medizinischen Versorgung. Doch nicht alle Kosten werden vollständig getragen. Viele Leistungen – von Medikamenten bis zum Krankenhausaufenthalt – sind mit Zuzahlungen oder einem Eigenanteil verbunden. Vor allem chronisch Kranke oder Krebspatient:innen sind davon betroffen.

In diesem Beitrag erfährst Du, welche Zuzahlungen gesetzlich vorgesehen sind, wie hoch der Eigenanteil im Krankenhaus ausfallen kann, wer sich befreien lassen kann – und was Du tun musst, um die finanziellen Belastungen möglichst gering zu halten.

Was ist eine Zuzahlung?

Zuzahlungen sind gesetzlich festgelegte Eigenanteile, die gesetzlich Versicherte für bestimmte Leistungen zahlen müssen. Sie sollen dazu beitragen, das Gesundheitswesen zu finanzieren – stellen aber für viele Menschen, insbesondere bei längerer Krankheit, eine spürbare Belastung dar.

Zuzahlungspflichten gibt es unter anderem für:

  • Medikamente
  • Krankenhausaufenthalte
  • Heil- und Hilfsmittel
  • Kuren und Reha-Maßnahmen
  • Fahrkosten zu Therapien

Wie hoch ist die Zuzahlung bei Medikamenten?

Für rezeptpflichtige Medikamente beträgt die gesetzliche Zuzahlung:

  • 10 % des Preises, mindestens 5 Euro, höchstens 10 Euro
  • Niemals mehr als die tatsächlichen Kosten

Beispiel: Ein Medikament kostet 60 Euro – die Zuzahlung beträgt 6 Euro.
Wenn das Medikament 40 Euro kostet, sind 5 Euro zu zahlen (Mindestbetrag).

Ausnahmen gelten für zuzahlungsbefreite Medikamente, die unter bestimmten Bedingungen durch Krankenkassen vollständig übernommen werden – z. B. bei Rabattverträgen oder Generika.

Was ist der Eigenanteil im Krankenhaus?

Für stationäre Aufenthalte im Krankenhaus ist eine gesetzliche Zuzahlung von 10 Euro pro Kalendertag vorgesehen – unabhängig von der Art der Behandlung oder der Klinik.

Die Zuzahlung gilt:

  • für maximal 28 Tage pro Kalenderjahr
  • auch bei mehreren Krankenhausaufenthalten in einem Jahr
  • nur für Versicherte ab dem 18. Lebensjahr

Beispiel: Eine Patientin liegt im Januar 10 Tage im Krankenhaus, im Juli erneut 20 Tage. Sie zahlt insgesamt 30 × 10 Euro = 300 Euro. Nach 28 Tagen ist die Grenze erreicht, weitere Krankenhausaufenthalte im selben Jahr bleiben zuzahlungsfrei.

Was ist der Unterschied zwischen Zuzahlung und Eigenanteil?

  • Zuzahlung: gesetzlich festgelegter Betrag, den Versicherte zu bestimmten Leistungen leisten müssen
  • Eigenanteil: der Anteil an den tatsächlichen Kosten, den Patient:innen selbst tragen (z. B. bei Zahnersatz, Brillen, optionalen Zusatzleistungen)

In der Praxis verschwimmen die Begriffe oft. Im Krankenhaus spricht man von „Zuzahlung“, bei individuellen Zusatzleistungen von „Eigenanteil“.

Gibt es eine Belastungsgrenze?

Ja. Niemand muss unbegrenzt Zuzahlungen leisten. Die Belastungsgrenze liegt bei:

  • 2 % des jährlichen Bruttoeinkommens
  • 1 % bei chronisch Kranken, die regelmäßig ärztlich behandelt werden

Alle Zuzahlungen innerhalb eines Kalenderjahres werden angerechnet – zum Beispiel für:

  • Medikamente
  • Krankenhaus
  • Heilmittel (z. B. Physiotherapie)
  • Hilfsmittel (z. B. Einlagen, Rollatoren)
  • Fahrkosten

Wie erhält man eine Zuzahlungsbefreiung?

Sobald die Belastungsgrenze erreicht ist, kann bei der Krankenkasse ein Antrag auf Zuzahlungsbefreiung gestellt werden. Die Kasse prüft:

  • Nachweise über alle geleisteten Zuzahlungen
  • Einkommensverhältnisse
  • ggf. chronische Erkrankung oder Schwerbehinderung

Wer möchte, kann einen „Befreiungsausweis“ im Voraus beantragen – dafür wird ein Betrag in Höhe der Belastungsgrenze an die Kasse gezahlt, danach ist man das ganze Jahr über befreit.

Was gilt für chronisch kranke Menschen?

Chronisch kranke Versicherte können ihre Belastungsgrenze auf 1 % des Einkommens senken lassen – unter der Voraussetzung, dass:

  • die Krankheit mindestens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurde
  • ein strukturiertes Behandlungsprogramm (z. B. DMP) vorliegt oder
  • die Therapieempfehlungen eingehalten werden

Auch Krebspatient:innen mit laufender Behandlung zählen meist dazu. Ein ärztliches Attest oder eine Bescheinigung der Krankenkasse hilft bei der Einstufung.

Was passiert, wenn man die Zuzahlung nicht leisten kann?

In Härtefällen kann die Krankenkasse auf Antrag Zuzahlungen erlassen oder stunden. Das gilt insbesondere bei:

  • sehr niedrigem Einkommen (z. B. Grundsicherung, Sozialhilfe)
  • hohen krankheitsbedingten Belastungen
  • außergewöhnlichen Lebensumständen

Es lohnt sich, offen mit der Krankenkasse zu sprechen und ggf. Beratungsstellen (z. B. Sozialdienst, VdK, Verbraucherzentralen) in Anspruch zu nehmen.

Was viele nicht wissen

  • Zuzahlungen müssen auch bei Reha-Aufenthalten gezahlt werden (10 Euro pro Tag, max. 28 Tage pro Jahr)
  • Auch Fahrkosten zu ambulanten Therapien (z. B. Chemo, Bestrahlung) unterliegen der Zuzahlung – sofern sie von der Kasse genehmigt wurden
  • Hilfsmittel wie Kompressionsstrümpfe, Inkontinenzprodukte oder Gehhilfen erfordern ebenfalls eine Zuzahlung, meist in Höhe von 10 %
  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind von den meisten Zuzahlungen befreit

Zuzahlung und Schwerbehinderung – was gilt?

Eine anerkannte Schwerbehinderung (z. B. GdB 60 oder mehr) führt nicht automatisch zur Befreiung von Zuzahlungen. Sie kann aber dazu beitragen, die Belastungsgrenze zu senken – insbesondere bei chronischen Erkrankungen. Ein Nachweis über den Schwerbehindertenausweis sollte der Krankenkasse vorgelegt werden.

Tipps für Patient:innen

  • Alle Zuzahlungen sammeln und dokumentieren (z. B. mit Quittungen, Zuzahlungsheft)
  • Bei längerer Erkrankung Zuzahlungsbefreiung frühzeitig beantragen
  • Rückfragen bei der Krankenkasse stellen – viele unterstützen aktiv
  • Prüfen, ob ein DMP-Programm oder eine Pflegegrad-Einstufung vorliegt, um Vorteile zu nutzen

Fazit: Zuzahlungen sind Pflicht – aber mit Grenzen

Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt viel – aber nicht alles. Wer krank ist, muss oft mit zusätzlichen Kosten rechnen. Die gute Nachricht: Die Belastung ist gesetzlich begrenzt, und es gibt zahlreiche Möglichkeiten zur Befreiung oder Reduzierung. Wer sich informiert, Fristen beachtet und Nachweise sammelt, kann sich gezielt entlasten.

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