Methadon gegen Krebs

Methadon: Heilmittel ohne Heilsversprechen?

Kein Arzneimittel derzeit so umstritten wie der Einsatz von Methadon gegen Krebs. Es wurde als Heroin-Ersatzstoff entwickelt und hat eine enorme schmerzstillende Wirkung. Daher wurde es im Jahre 2005 auf die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel gesetzt. Doch neben dieser unbestrittenen Wirkung soll Methadon ein relativ nebenwirkungsarmes Krebsmedikament sein.

Was ist eigentlich Methadon?

Im Prinzip ist Methadon ein vollsynthetisch hergestelltes Opioid. Es hat ähnliche Eigenschaften wie Heroin und Opiate, aber ohne deren Suchtpotential. Daher wird es erfolgreich zur Drogenersatztherapie u. a. bei Heroinabhängigen verwendet. Daneben kann es aber auch bei starken nervenbedingten (neuropathischen) Schmerzen, wenn andere Mittel nicht mehr wirken, eingesetzt werden. Diese und weitere Wirkungen konnten Studien bestätigen, weswegen Methadon als Schmerzmittel in seiner Wirkung als unumstritten gilt.

Methadon wird in der Palliativmedizin eingesetzt, um tumorbedingte Schmerzen zu behandeln. Aufgrund der sehr verzögerten Verstoffwechselung (Metabolisierung) und Halbwertszeit von 15 bis 60 Stunden können Nebenwirkungen erst sehr spät eintreten. Das verführt natürlich dazu, die Dosis zu schnell zu erhöhen. Auch in seinen Nebenwirkungen gleicht es anderen Opiaten, beispielsweise durch Herzrhythmusstörungen, Ödeme, Verstopfungen, Muskelzucken, Dämmerzustände oder zu flache Atmung. Die Angaben über die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens schwanken stark.

Nun berichten vermehrt Ärzte, die ihre Patienten mit Methadon gegen Schmerzen behandelten, auch von einem verlangsamten Tumorwachstum. Das katapultierte Methadon als Medikament ganz schnell in den Fokus der Öffentlichkeit. Wurde etwa ein neues Wundermittel gefunden?

Methadon gegen Krebs

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Generell werden bei Opioiden schon länger antitumorale Eigenschaften vermutet. In Israel wurden verschiedene Personengruppen auf ihr Krebserkrankungsrisiko hin untersucht, unter anderem auch Drogenabhängige. Die Tumorinzidenz, also die Menge an neu auftretenden Krebserkrankungen innerhalb dieser Personengruppe, unterschied sich nicht von anderen Personen aus der Bevölkerung. Entgegen einer vermuteten Inzidenzerhöhung trat sogar eine Erniedrigung bei Brust- und Darmkrebs auf. Forscher vermuten hierbei einen schützenden Effekt durch Methadon. Nachdem diese Vermutung sehr schnell bekannt wurde, gab es einige Studien und Untersuchungen, die jedoch zu widersprüchlichen Ergebnissen kamen.

Dennoch ist die Nachfrage bei den Patienten sehr hoch. Onkologen berichten, dass verständlicherweise nach jedem “Strohhalm” gegriffen werde. Das emotionalisiert die Diskussion und erschwert eine neutrale Berichterstattung zusätzlich. Denn wenn keine Wirkung nachgewiesen werden kann, dann rechtfertigt es nicht die Gabe von Methadon gegen Krebs mit Inkaufnahme aller Nebenwirkungen.

Weigert sich nun ein Onkologe, dieses Medikament zu verschreiben, dann kommt es nicht selten zu Vorwürfen von Korruption und Inkompetenz. Demzufolge verschreiben einige Onkologen Methadon gegen Krebs, um sich nicht dieser ungerechtfertigten Kritik auszusetzen. Das wiederum führt dazu, dass sich immer mehr die Meinung durchsetzt, dass doch wohl etwas dran sein könnte, wenn es doch so viele Onkologen verschreiben.

In diesem Sinne weist die aktuelle Diskussion sehr viele Gemeinsamkeiten mit dem Streit zu alternativen medizinischen Krebstherapien auf. Zum einen wird sie hoch emotional geführt, zum anderen betrifft es oft Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung. Diese werfen in der aktuellen Debatte oft mangelnde Verschreibungsbereitschaft vor. Auch werden immer wieder die angebliche Nebenwirkungsarmut und das wirtschaftliche Desinteresse an klinischen Studien als Argumente angeführt.

Fazit

Die in der Öffentlichkeit wahrzunehmende Skepsis gegenüber der Schulmedizin, sei sie berechtigt oder nicht, emotionalisiert auch die Diskussion um Methadon. Denn zum einen ist dieses Medikament zweifelsfrei ein hoch wirksames Schmerzmittel und Medikament bei Drogenabhängigkeit, und zum anderen scheint es vermehrt Fälle gegeben zu haben, bei denen es zusätzlich antitumorale Wirkungen zeigte. Dennoch konnte es dies bislang in keinen klinischen Studien erfolgreich belegen. Aber aufgrund der Dramatik der Lebenssituation vieler schwerkranker Patienten ist es nur verständlich, wenn immer wieder an Wundermittel geglaubt wird. Vielleicht bringt die Zukunft erkenntnisreiche Studien zur Wirksamkeit Methadons. In der Krebstherapie wäre das ein großer Fortschritt.

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